Schreiben an den Oberbürgermeister – Mundschutzpflicht

24.04.2020

Das folgende Schreiben des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion in Bad Homburg, Philipp Herbold, an den Bad Homburger Oberbürgermeister war nicht zur Veröffentlichung gedacht. Nach der Presseberichterstattung samt auszugsweiser Zitierung halten wir es für richtig, das Schreiben vollständig zu veröffentlichen, um ein Gesamtbild zu ermöglichen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
lieber Alexander,

ich und mit mir meine Fraktion bin ziemlich irritiert und auch verärgert über die nun bekannt gewordene Allgemeinverfügung, mit welcher eine allgemeine Maskenpflicht in der Fußgängerzone angeordnet wird. Dies, weil

a) die Fraktionsvorsitzenden in der Besprechung gerade am Dienstag noch mitgeteilt bekommen haben, dass diese Maßnahme vor Umsetzung erst rechtlich auf Zulässigkeit der Umsetzung geprüft werde (siehe das eindeutige Protokoll!) und
b) Sie erst in der vergangenen Woche mitgeteilt haben, von einer allgemeinen Maskenpflicht wie in Hanau absehen zu wollen, weil es hier ersichtlich an der Rechtsgrundlage fehle. Ein deutlicher Widerspruch.

Bei allem ehrlichen Respekt für die Kollegen aus dem Rechtsamt: Die Allgemeinverfügung halte ich gleich an mehreren Stellen für rechtlich höchst zweifelhaft. Der Auffangtatbestand des § 11 HSOG wird stets gewählt, „wenn einem sonst nichts mehr einfällt“. Hierauf eine allgemeine Maskenpflicht im Freien auf einer bestimmten Straße zu stützen dürfte einer Überprüfung nicht standhalten. Als milderes Mittel im juristischen Sinne zur Zweckerreichung sind diverse Maßnahmen (angefangen beim „Gebot“, „Empfehlung“ etc) denkbar, die nicht in der Verfügung geprüft stehen. Abgesehen davon, dass die Wirksamkeit des Mittels zur Zweckerreichung nicht nachvollziehbar dargestellt wird (und m E nach gar nicht kann). Es wird nicht einmal das Bundesinfektionsschutzgesetz als Ermächtigungsgrundlage zitiert.

Es stellt sich auch die Frage nach dem Urheber der Verfügung: Der Krisenstab hat keine Anordnungsbefugnis. Soweit es der Magistrat ist (siehe Briefkopf) wäre bei einem derart schwerwiegenden Grundrechtseingriff sicherlich ein Magistratsbeschluss notwendig! Sollte der Oberbürgermeister als Ordnungsbehörde handeln, dann ist die Verfügung fehlerhaft (und vom Umfang der Anordnungsbefugnis her zweifelhaft, siehe oben).
Ich bitte generell, künftig verstärkt auf Befugnisse und Gewaltenteilung/-zuordnung zu achten. Zugegebenermaßen geht dies in der Corona-Krise in ganz Deutschlang etwas verloren… Der Rechtsstaat und das Grundgesetz sind nicht aufgehoben, auch wenn ein sehr ehrenwerter Zweck des Bevölkerungsschutzes erstrebt wird.

Die Fraktionsvorsitzenden waren dem Tragen einer Maske in der Fußgängerzone noch nicht einmal komplett abgeneigt. Trotz gesundheitlicher Bedenken im Hinblick auf Asthmatiker etc. Wir waren für ein Gebot, eine freundliche Ermahnung! Warum nimmt man diesen „Ball“ der Politik nicht auf, sondern handelt vorschnell?
Ausdrücklich: Wir wollen alle das Beste für unsere BürgerInnen!

Das Bekanntwerden der Anschaffung der Schals über die Bild-Zeitung und facebook wurde uns noch als Fehler des Magistrats verkauft, für den um Entschuldigung gebeten wurde. Insofern fehlt mir das Verständnis dafür, nunmehr sehenden Auges einen ähnlichen Weg zu gehen. Sämtliche Fraktionen, ob Opposition oder Regierungsfraktionen, haben bislang den Kurs der Stadt durchweg gestützt und gemeinsam mit dem Magistrat für die Gesundheit unserer Bürger gekämpft. Dabei haben wir uns öffentliche Meinungsäußerungen (das fällt Politikern schwer!) verkniffen. Sollten Sie und der Magistrat daran interessiert sein, diese Linie auch in Zukunft fortzusetzen, so rege ich dringend an, künftig auf Vorgehensweisen wie aktuell geschehen zu verzichten!

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Herbold
FDP-Fraktion