Realismus und Vernunft beim Wohnungsbau
Alle Parteien wollen bezahlbaren Wohnraum in Bad Homburg. Wir auch! Aber Wohnungen entstehen nicht durch Wunschdenken, sondern durch bauen. Und dafür braucht man Grundstücke und Investoren, egal ob das eine Baugenossenschaft, ein privates Unternehmen oder eine städtische Wohnungsbaugesellschaft ist.
Derzeit sind ca. 1.700 Wohnungen im Bau oder in der Planung, darunter ein nicht unerheblicher Teil für sozialen und geförderten Wohnungsbau sowie mit Belegrechten. Durch Erbbaurecht ist der Erwerb eines Reihenhauses z.B. am Hühnerstein für manche jungen Familien erschwinglich. Ein Fortschritt!
Bad Homburg hat nicht mehr viele freie Flächen für Wohnungsbau. Die Bebauung verbliebener freier Naturflächen am Stadtrand ist umstritten, zum Teil ist auch die Verkehrserschließung problematisch. Es fragt sich, was eine städtische Wohnungsbaugesellschaft mangels geeigneter städtischer Flächen da bewirken könnte. Und die Stadt braucht auch Gewerbeflächen und Sporthallen.
Politik beginnt mit der Anerkennung der Realität. Wunschvorstellungen, wie sie in dem vor kurzem von einer großen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Entwurf einer Richtlinie zur sozial gerechten Bodennutzung enthalten sind, werden der Realität nicht gerecht. Die Kumulierung von Forderungen und Auflagen für Wohnungsbau auf Flächen, für die die Stadt Baurecht schafft, nämlich 20% sozialer und geförderter Wohnungsbau (mögliche Ausnahme: Erwerb doppelt so vieler Belegrechte für die Stadt, von denen es kaum welche auf dem Markt gibt), zusätzlich 20% Mietwohnungsbau (Genossenschaft oder Bestandhalter), zusätzlich Bau einer Kita oder Zahlung von 40.000 Euro pro geschätzt notwendigem Kitaplatz, werden Investoren eher abschrecken als anziehen. Und sie passen schon gar nicht für kleinere Bauvorhaben und für jedes Grundstück. Dass überzogene Forderungen der Stadtpolitik engagierte Investoren vertreiben, war vor kurzem bei dem Wohnbauprojekt Backesgärten in Friedrichsdorf zu sehen.
Wir Freie Demokraten werden bei der anstehenden Ausarbeitung der Richtlinie mehr Klarheit, Vernunft und Realitätssinn einfordern. Wir sind ebenfalls für angemessene Beiträge von Eigentümern und Investoren zur Stadtentwicklung und/oder zu den Folgekosten eines Bauvorhabens, das erst durch Planungsrecht der Stadt ermöglicht wird. Aber eine solche Richtlinie muss Raum und Flexibilität für projektspezifische Lösungen lassen. Ein Beispiel ist die geplante Bebauung des Geländes des Sanatoriums Goldschmidt. Das Grundstück gehört dem Kreis, ein Investor soll dort ca. 45 Wohnungen bauen dürfen und dafür das Sanatorium sanieren. Wenn er auch noch alle im Entwurf der Richtlinie vorgesehenen Auflagen erfüllen müsste, passiert dort gar nichts.
Die Richtlinie sollte auch eine Bagatellgrenze für kleinere Bauvorhaben enthalten. Und die Regelung zur Ermittlung des Planungsgewinns muss klar, verhältnismäßig und rechtssicher ausgestaltet werden.
Als attraktiver Wohnort kann Bad Homburg nicht jede Nachfrage nach Wohnraum erfüllen. Neue Wohnhochhäuser wollen wir nicht. Eine ansprechende Nachverdichtung, wo dies möglich ist, Subjektförderung z.B. durch das Mietzuschussmodell der Stadt, in einzelnen Fällen auch der Erwerb von Wohnimmobilien durch die Stadt oder eine Baugenossenschaft sind weitere Maßnahmen, um insbesondere ortsgebundenen Wohnungssuchenden zu helfen. Dazu wird auf Antrag der FDP derzeit die Anwendung des sogenannten „Einheimischenmodells“ geprüft. Wir Freie Demokraten stehen für eine Stadtentwicklung mit Vernunft und Augenmaß, unter Bewahrung der Lebensqualität unserer Stadt.
Unser Ansprechpartner zu diesem Thema: Dr. Rudolf Pietzke, Vorsitzender des Bau-, Planungs- und Umweltausschuss